2012


10 Künstler – 10 Tage – 10 Orte im Bahnhofsviertel Münster

Caroline Bayer
| Adrianne Wachholz | Prof. Andreas Köpnick | Martina Lückener | Anett Frontzek | René Haustein
Susanne Nahrath | Frank Bölter | Matthias Schamp | Oliver Breitenstein




Caroline Bayer

Metropolis


11ISG Bahnhofsviertel Münster e.V. und cuba-cultur präsentieren die fünfte Auflage des Kunstprojektes hbf – häuser | bilder | fenster.
10 KünstlerInnen zeigen ihre Sicht auf das Viertel und die Welt und bieten 10 Tage Kunst für Eilige, Flaneure, Genießer, Kenner, Pendler und Nacht- schwärmer. Ausgehend von der Ursprungsidee durch künstlerische Bespielung der Schaufenster Kaufleute des Viertels und Künstler in einen Dialog zu brin- gen, hat sich Schauraum – hbf zu einem Projekt von Kunst im öffentlichen Stadtraum entwickelt, das insbesondere zeitgenössischer Kunst ein Forum bietet.

In unmittelbarer Nähe zum ehemaligen Metropolis-Kino am münsteraner Hauptbahnhof, realisiert Caroline Bayer die Arbeit „Metropolis“. Sie besteht aus zwei billboardähnlichen Tafeln aus weiß gestrichenem MDF, die auf ein Holz- oder MetallGestänge montiert sind. Es handelt sich um die massstaüblich und mit allen Gebrauchsspuren nachgebauten Kinoanzeigetafeln des nunmehr zu einer Bar umfunktioniertem Kinos Metropolis am Bahnhof, in dem u.a. Clemens von Wedemeyer zu den Skulpturprojekten 2007 seinen Film „Gegenüber“ zeigte. Als Relikt und ihrer Funktion enthoben werden die Anzeigetafeln nun um ihrer selbst willen präsentiert.

www.carolinebayer.de




Adriane Wachholz

folded shadows


11 Eigentlich befindet sich im Raum ein Rolltor, das mechanisch vor die Scheibe gezogen werden kann. Zunächst habe ich Wandfarbe auf die Scheibe gerollt und anschließend mit einem take away Kaffee"löffel ( kennt jeder, diese plastikhohllöffel vom coffee to go) in die trockene Farbe "gezeichnet" dadurch dass die Farbe abgelöst wurde. Im Prinzip ist aus der durchsichtigen Scheibe ein partielles "Papier" geworden, worauf ich hinein gezeichnet habe. Das Muster, das entsteht, zeigt das Muster des Rolltores, dass sich an dieser Position befinden würde, wäre es nach unten gefahren worden. Dadurch, dass ich es nur teilweise sichtbar mache, erscheint das Muster durch die weiße Fläche zu drängen, fast schon in Bewegung. Für mich war es außerdem interessant, den Raum dahinter trotzdem sichtbar zu haben. Wenn man mit Schaufenstern arbeitet, kann man sie als Durchsicht zum Raum benutzen oder als Fläche. Mir war es wichtig, beides zu zeigen. Gegen 12/13h wenn die Sonne richtig steht, und die Reflektionen der Fenster und Autos sichtbar werden, fängt das Muster bzw das Rolltor an sich zu bewegen, zu erscheinen oder sich aufzulösen. Dann werden im Innenraum auf der Wand die Lichtspiele und beim angestrengten Durchschauen durch die Scheibe sichtbar.

www.adrianewachholz.de



Matthias Schamp

Mythos Grill


11 Die Gründung des MYTHOS-GRILL erfolgte 1997 in Zusammenarbeit mit dem Archäologischen Museum Münster. Das Unternehmen ist Pom- mesbude und alltagsarchäologische Spielstätte zugleich. Seitdem floriert der MYTHOS-GRILL mit temporären Filialen in Museen und Kunstinstitutionen im In- und Ausland. Dabei wurde die Angebotspalette permanent erweitert. Ob mit Fisch-Stäbchen-Bring-Service, Frikandel-Staffellauf, Fritteusenfarbkreis, Pommesgabel-Sortier-Aktion, „Sei-dein-eigener-MYTHOS-GRILL“- Salbe oder Grundfarben-Frittieren – den Bedürfnissen einer anspruchsvollen Kundschaft wird auf alle erdenklichen Weisen Rechnung getragen.

www.der-schamp.de




Oliver Breitenstein

Lisellottes - open space


11 Liselottes ist von aussen betrachtet zunächst ein gewöhnlicher Seefrachtcontainer, der scheinbar belanglos im öffentlichen Raum platziert worden ist. Öffnet man jedoch die Türen und betritt den Container findet man sich unmittelbar in einer ‚guten Stube’ wieder. Dieses Wohnzimmer hebt die Grenze zwischen privatem Sein und öffentlicher Rolle auf und schafft eine Bühne des Selbst, eine Art analoges Facebook, wenn man möchte. In erster Linie soll der Raum aber als Ort zwangloser Begegnungen, frei von Hierarchien und Kommerz verstanden werden. Liselottes lädt ein, bei gratis Kaffee und Kuchen eine Auszeit von einem immer mehr zweckoptimiert gestalteten Leben zu nehmen, einfach mal nichts zu tun und sich nicht an der Ökonomie des Geldes, sondern an der der Gabe und Verschwendung zu orientieren – eben zweckfrei (Lebens) - Qualität zu erfahren. Liselotte ist die Schwester des Taugenix.

www.publicartfactory.de


Liselottes auf Facebook




Andreas Köpnick

No data [internal procesing]


11 Für "hbf" präsentiert Andreas Köpnik einen Kurzfilm. Im Juli diesen Jahres wurde der Film auf der Windhorststraße realisiert. Gezeigt wird eine ungeklärte Situation. Der Professor für Film, Video und Neue Medien an der Kunstakademie Münster zeigt in seinem Video einen Mann, dieser liegt in einer belebten Einkaufsstraße mit dem Rücken auf dem Boden. Er trägt eine einfache Maske aus Papier, weshalb nicht erkennbar ist, wie es dem Mann geht. Ist er ohnmächtig geworden, braucht er Hilfe oder sucht er einfach ein wenig Ruhe und schaut in den sommerlichen Himmel?
An fünf Standortenauf der Windhorststraße (Schaufenster) stehen Monitore, die "No data" zeigen.

www.koepnick.de



Martina Lückener

Krönung - crowning moment


11 Anleitung zur Krönung - crowning moment // Längenanamorphose
Vorbereitung: Nehmen Sie einen Fotoapparat.
Suchen Sie eine Begleitung, die den Fotoapparat bedienen kann. Durchführung: Gehen Sie zusammen zum Hotel Kaiserhof, Bahnhofstraße 14 in Münster. Bleiben sie vor dem Eingang auf der Bodenmarkierung hbf auf dem Bürgersteig stehen. Schauen Sie links auf die grau verglaste Fassade. Dort sehen Sie eine gelbe Wandzeichnung in Form einer Krone. Ihre Begleitung stellt sich so, daß Sie in der Flucht zur Wandzeichnung stehen. Die Krone wird nun optisch auf Ihrem Kopf erscheinen.
Hinweis: Evtl. muss die Perspektive je nach Ihrer Körpergröße angepaßt werden. Bei Erfolg können Sie nun ein Erinnerungsfoto erstellen. Ich wünsche Ihnen viel Freude bei Ihrer Krönung - crowning moment.
Fragen werden beantwortet unter der Service-Nummer: 01609653

www.martina-lueckener.de




Susanne Narath

golf eins


11 In Ihren konzeptuellen Arbeiten beschäftigt sich Susanne Nahrath zum einen mit Foto-Text-Kombinationen, in denen sie die Zeichenfunktion von Fotografien mit der Zeichenbedeutung von Text verbindet, zum anderen entstehen durch eine partielle Ausleuchtung und Thematisierung von Vergangenheit Skulpturen und Installationen, die wie Erinnerungsräume, Erinnerungsorte angelegt sind, die wie ein Individuum oder eine Gruppe zur Konstruktion von Sinn, zur Fundierung ihrer Identität, zur Orientierung ihres Lebens, zur Motivation ihres Handelns brauchen. Dahinter verbirgt sich auch die Erkenntnis, dass der Mensch nur aus dem schöpfen kann, was in ihm angelegt ist: dem biographischen wie genetischen Fundus, der Tradition ebenso wie dem Familiengedächtnis, der Familiengeschichte, auf die wir uns alle gründen, ob wir dazu stehen oder nicht. Susanne Nahrath steht dazu. (Auszüge aus der Rede von Frau Dr. Andrea Brockmann anlässlich der Ausstellungseröffnung „Im Dialog“ in der Ahlener Stadtgalerie am 12. April 2008)

www.susanne-nahrath.com




René Haustein

Conti11


Der in Bottrop geborene Künstler René Haustein studiert seit 2008 an der Kunstakademie Münster bei Prof. Daniele Buetti & Suchan Kinoshita. 2010 erhielt er den Förderpreis der Freunde der Kunstakademie Münster so wie den Förderpreis des Westfälischen Kunstvereins. 2012 erhielt er die Studienstiftung des Deutschen Volkes. Innerhalb HBF präsentiert er die Klanginstallation Conti. Viermal täglich werden auf arabischer Sprache die aktuelle Uhrzeit und Außentemperatur verkündet. Der Gesang bezieht sich auf die Digitalanzeige, die gegenüber seitlich am Hotel Conti angebracht ist.
Zeiten: 11:35h; 15:56h; 19:49h; 21:55h;
Ort: Windthorstraße, Ecke Berliner Platz

www.renehaustein.com




Frank Bölter

Frank-Bölter-Weg


11Der Kölner Aktionskünstler Frank Bölter schenkt der Stadt Münster den Frank -Bölter Weg. Der Weg wird mit einem symbolischen Straßenschild in der Nähe des Schlosses installiert. Frank Bölter sieht in der Installation vor allem eine Möglichkeit der Stadt Münster ein Geschenk zu geben (nämlich seine Straße) und weniger die Nähe zur aktuellen politischen Debatte "Schloßplatz".
Das Aufstellen des Straßenschildes zeigt Frank Bölter in einem Video in dem Schaufenster des Ladenlokals "Foto Köster"

www.frankboelter.de



Anett Frontzek

urbanus


11 Bis zum Sommer 2012 war die Urban-Apotheke aktiver Teil des städtischen Lebens. Inzwischen ist die Leuchtreklame über dem Eingang abmontiert, der Strom abgestellt und die Möbel sind abtransportiert. Informationszettel mit Hinweisen zur Auflösung der Apotheke klebten an den Scheiben, die noch von den typischen roten Apothekenzeichen beherrscht wurden. Die Dortmunder Künstlerin Anett Frontzek betrieb mehrere Tage lang weiteren konsequenten Rückbau. Kein Apothekensignet kennzeichnet das Ladenlokal mehr. Keines weist in der Umgebung den Weg, selbst der Fahrradständer hat seine Kennzeichnungskraft des Apothekenumfeldes aufgeben müssen. Die Fensterscheiben mit ihrer milchig weißen Erscheinung verwehren jetzt den Einblick in den Innenraum. Stattdessen spiegeln sie das direkte urbane Umfeld und den Betrachter. Die Sockel der alten Leuchtreklame der Urbanus-Apotheke, verweisen in ihrem Schriftzug auf den Begriff der Stadt. Auch, wenn eher Bischöfe oder Päpste der katholischen Kirche, Namenspatrone gewesen sein dürften, hat das „Urban“, lat. urbanus, zur Stadt gehörend, städtisch, hier temporär eine neue Visualisierung erfahren.
Standort: Urbanstraße 7



www.anettfrontzek.de




Texte: Ruppe Koselleck